Arbeitsdokumentation
«Die Natur in Mir»
geschrieben Ende August 2021
Als ich wusste, dass ich die Möglichkeit habe, an diesem Wettbewerb teilzunehmen, war ich zuerst überfordert.
Ich habe so Vieles, das ich gerne ausdrücken würde, wofür Worte alleine nicht reichen.
Aber was davon ist momentan wirklich aktuell?
Kurz in Worte gefasst: Die Natur ist ein Teil von uns - also bringt sie bitte nicht um.
Dies tönt ganz banal, sagt jedoch nur einen Bruchteil dessen, was ich eigentlich begreifbar machen will.
Ich denke, dass wir einen riesigen Teil unserer Energie darauf verwenden, uns von der Natur abzuschotten. Unser
Reich zu erschaffen, in dem alles so läuft, wie wir es gerne haben wollen.
Ich finde aber, dass die Natur nicht einfach die Welt um uns herum sein sollte. Denn dann besucht man sie zwar
gerne, um ein bisschen zu wandern oder an einem Fluss zwischen Cervelat und Erdbeercornet ein erfrischendes Bad
zu nehmen. Wenn sie aber kaputt geht, geht uns das nichts an.
Vor allem aber ist die Natur für mich der Teil in uns, der uns menschlich macht, der uns zu mehr macht, als die
Maschinen, welche wir bauen.
Dies habe ich in den letzten 10 Monaten (bis zu 330 Arbeitsstunden) im Stein auszudrücken versucht.
das skizzieren
Mir kam die Idee eines rustikalen Robotermenschen, bei dem überall Lebewesen hervorschauen: Ein
Äffchen aus dem Rücken, ein Maulwurf unter den Schuhen, eine Schnecke aus dem Hemdkragen…
Mit dieser Idee fing das skizzieren an. Ich stellte mit einen Geschäftsmenschen vor, der auf der Strasse
läuft, telefoniert und nichts von seiner Umgebung mitzubekommen scheint. Der Geschäftsmensch sollte
dabei
zwar definitiv wie ein Mensch aussehen, nicht aber lebendig, sozusagen ohne Gefühl.
Die Bilder, die zu sehen sind gaben Anhaltspunkte.
Die meisten waren wichtig, um grob zu wissen, wie ein Geschäftsmann überhaupt aussieht, wie ein Mensch
läuft,
sein Handy ans Ohr hält usw. Das Bild des untersten Affen und das des Eisfogels dienten als direkte
Vorlage
für
den
Stein.
Hier sehen sie Kopf und Handy+Hand Skizzen. Es ging dabei um die Frage, wie diese rustikal und
Roboter-ähnlich gestaltet werden können.
Ich selbst fühle mich meistens, als hätte ich ein Äffchen in mir, das hinausgelassen werden
will.
Das möglichst viel herumtollen möchte und keinesfalls einfach normal auf einer Strasse laufen kann.
Schon
gar nicht, wenn es direkt daneben ein Geländer oder ein Mauer hat. Die meisten die mich kennen werden
bei
diesen Zeilen schmunzeln.
Deswegen war klar, dass ein Äffchen auf jeden Fall irgendwo hervorschauen muss. Der Rücken machte
deswegen
am meisten Sinn, weil es dort eine grosse Fläche hat, in der man arbeiten kann.
Da ich es schwieriger finde eine Frau zu Roboterisieren, ist die Figur ein Mann. Auch musste
unbedingt ein Vogel dabei sein. Um den Freiheitsdrang zu verdeutlichen, nicht durch Vorurteile und
Erwartungen gefangen zu sein.
In der Oberen Hälfte sind die ersten 1:10 Zeichnungen zu sehen. Da so etwas wie eine
freistehende
Hand oder ein Durchbruch zwischen den Beinen als Normalsterblicher fast nicht möglich oder zumindest
unvorstellbar zeitaufwändig wäre, musste die Figur noch vereinfacht werden. Die Skizzen dazu seht ihr in
der
unteren Hälfte.
Definitive 1:10 Zeichnungen
Die kleine Eidechse soll dazu animieren noch einmal genauer hinzusehen.
das modellieren
Das Modellieren war sehr Zeitaufwändig, aber Lohnenswert.
Gipsnegativ: Die zwei Teile des Gipsnegativ waren so stark ineinander verkeilt, dass es beim
Auseinandernehmen 30-40 Teile gab.
Gipsposititiv: Stunden später, ca. um 5 Uhr am Morgen, war das Gipsmodell fertig. Alles konnte
dabei nicht gerettet werden, aber es reichte. Nicht mehr gerettet werden konnten auf der Rückseite ein
paar Affenfinger und der Vogel. Bei der Vorderseite fehlt ein ziemlich grosser Teil.
Hier zeigte sich auch, wie wichtig es ist vor einem Gipsabguss gute Bilder des Modelles zu machen. Diese
Bilder gaben mir wichtige Anhaltspunkte.
die arbeit im stein
Neben dem grossen Winkelschleiffer, welchen ich während den ersten 3 Tagen verwendete um schnell
viel Material zu entfernen, verwendete ich nur die im Bild abgebildeten Handwerkzeuge.
Obwohl zu Beginn geplant war, alle Flächen fein zu Zahnen und Spitzen, war die Wirkung der grob
gezahnt-, gespitzt- und mit dem Setzer bearbeiteten Figur definitiv besser. So stechen die feinen
Details stärker ins Auge.
Weil die Wirkung der Figur in dieser Grösse anders ist als beim Modell, musste ich mich während dem
Prozess vom Modell lösen.
Die Augen des Äffchens zu hauen dauerte lange. Mir war enorm wichtig, sie im Vergleich zu den
Augen des Menschen Lebendigkeit ausstrahlen zu lassen.
Statt den Sockel zu Stocken, um ihn wie eine geteerte Strasse wirken zu lassen, habe ich ihn
gleich bearbeitet, wie die gesamte Figur, mit Spitzeisen, Zahneisen und Setzer.
Ausserdem gibt es ihm durch eine Verjüngung ein bisschen Drive.
Ich stelle mir immer wieder die Frage; was ein jeder Einzelne von uns Menschen braucht, um sich
lebendig zu fühlen, ohne dafür jemand anderem zu schaden.
Und ich denke, dass es vor allem davon abhängt, wie viel Leben wir in unserem Alltag, unserem LEBENsraum
begegnen.. Und die Natur ist für mich der Inbegriff von Leben.
das endergebnis